Wer war nicht beeindruckt zu sehen, dass Tiere in einem Experiment des Weizmann Institute of Science Ende 2024 eine bessere Teamarbeit als Menschen geleistet haben?
Auf diese Weise wurde vielen Managern klar, dass wir in Wirklichkeit viel von der Tierwelt lernen können. Dies gilt insbesondere für Bienen, deren Gesellschaften den menschlichen Unternehmen bemerkenswert ähnlich sind. In verschiedenen Kontexten können sie Teams besser managen als Menschen. Ihre kollektive Intelligenz ist so ausgeprägt, dass sie ihre geringe allgemeine Intelligenz ausgleicht und zu hervorragenden Ergebnissen führt. Solche guten Ergebnisse sind für Menschen nur schwer zu erreichen. Was liegt also näher, als sich von diesen geborenen Experten für Management inspirieren zu lassen?
Am 25. März 2025 organisierten wir ein Webinar, das sich genau mit diesem Thema beschäftigte. Zu diesem Webinar hatten wir Jean-Luc JOUHANNET eingeladen. Jean-Luc Jouhannet ist ein erfahrener Unternehmensberater und außerdem Black Belt in Lean Management. Nach 30 Jahren Erfahrung als Manager in einem Unternehmen, in dem er Teams von bis zu 200 Personen leitete, beschloss Jean-Luc, sein Unternehmen zu verlassen, um sich seiner Leidenschaft zu widmen: den Bienen – und der faszinierenden Frage, wie deren Organisation und Zusammenarbeit als Inspirationsquelle für moderne Unternehmen dienen können..
Seitdem betreibt Jean-Luc sein eigenes Unternehmen: Home Abeilles. Er bietet Workshops und Präsentationen für Unternehmen an, sowie die Aufstellung von Bienenstöcken in Unternehmen.
Unser Artikel wird die Hauptelemente aufführen, die wir durch dieses Webinar lernen konnten.
Die Relevanz für das Management, sich von Bienen inspirieren zu lassen

Sich von Tieren inspirieren: Ist das ernst gemeint?
„Was ist das denn für eine unsinnige Idee, sich von Tieren zu inspirieren? Tiere sind doch viel dümmer als Menschen. Das ist doch offensichtlich!“ Das ist wahrscheinlich das erste, was sich viele denken werden, wenn sie von diesem Thema hören. Dieser Gedankengang ist nachvollziehbar aber es ist trotzdem eindeutig falsch. Natürlich ist der Mensch ein intelligentes Wesen, aber das heißt ja nicht, dass er biologisch nur bevorteilt ist und nicht auf spezifischer Weise ebenfalls eingeschränkt ist. Alle lebenden Organismen haben unterschiedlich programmierte Gehirne und es ist dieser Unterschied, der einigen einen Vorteil gegenüber anderen verschafft, einschließlich der Menschen.
Alligatoren zum Beispiel haben ein ausgezeichnetes räumliches Verständnis, das das der Menschen bei weitem übertrifft. Andere Tiere wie Hunde haben eine hoch entwickelte soziale und emotionale Intelligenz. Menschen hingegen haben ihren eigenen Vorteil: Das Verständnis für die Zeit. Dieses Verständnis ermöglicht ihnen, über ihre Vergangenheit nachzudenken und zukunftsorientiert zu planen.
Bienen zeichnen sich durch ihre großartige kollektive Intelligenz aus, die es ihnen ermöglicht, beeindruckend gut strukturierte Gesellschaften zu gründen. Auf diese Weise bewältigen sie zahlreiche Aufgaben in sehr kurzer Zeit.
Wo der Mensch weniger kompetent als Bienen ist
Dem Mensch fehlt es an kollektiver Intelligenz, da er in erster Linie ein Individualist ist. Das ist eine Eigenschaft, die ihn zum exaktem Gegenpol der Bienen macht. Der Mensch kann daran nicht viel ändern, da er im Gegensatz zu den Bienen neurologisch und genetisch anders programmiert ist. Ein Mensch denkt zwar auch an seine Mitmenschen, aber seine Priorität bleibt, sich selbst oder seine Familie zuerst zu verteidigen. Darin liegt auch eines der größten Hindernisse in Unternehmen, denn das Ziel jedes Unternehmen ist es, kollektiv erfolgreich zu sein, obwohl alle unterschiedliche individuelle Interessen haben. In diesem Zusammenhang liegt es für Manager nahe, dass es sinnvoll ist, sich von kollektiv denkenden Tieren wie den Bienen inspirieren zu lassen.
Natürlich sollte man nicht einfach alle Tiergesellschaften nachahmen, aber ein Blick auf diese ermöglicht es uns, neue, inspirierende und potenziell effektivere Managementmethoden zu entdecken.
Inwiefern sind ein Unternehmen und ein Bienenstock vergleichbar?

Bienen bilden auf natürliche Weise soziale Strukturen, die mit Unternehmen vergleichbar sind. Man kann Bienenstöcke durch mehrere Parallelen mit Unternehmen gleichsetzen:
- Der Bienenstock ist der Hauptsitz des Unternehmens.
- Die einzelnen Bienen sind die Mitarbeiter und Führungskräfte, die das Unternehmen bilden.
- Der Umsatz für einen Bienenstock ist der erwirtschaftete Honig.
- Das Umfeld für einen Bienenstock entspricht vor allem dem Wetter, den Prädatoren und den konkurrierenden Bienenstöcken.
- Die Ressourcen für Bienen bestehen aus einem ausgewogenen Ökosystem mit verschiedenen Ressourcen wie Nektar oder Pollen.
- Die Bienen sind in ständiger Angst, nicht überleben zu können, wenn die Ressourcen knapp werden. Wie in einem Unternehmen besteht die Möglichkeit, in Konkurs zu gehen.
Ein großer Unterschied zwischen einem Bienenstock und einem menschlichen Unternehmen besteht darin, dass ein Unternehmen lediglich eine menschliche Erfindung innerhalb einer Gesellschaft ist. Im Gegensatz zu den Bienen neigt der Mensch nicht automatisch dazu, in einer sozialen Struktur zu arbeiten. Außerdem ist die Fähigkeit, in einem Unternehmen zu arbeiten, nicht angeboren, sondern variiert von Kontext zu Kontext. Das Management der Bienen wird weitgehend von ihren Genen beeinflusst und ist daher angeboren.
Organigramm eines Bienenstocks

Wie Unternehmen zeichnen sich auch Bienenstöcke durch eine Hierarchie sowie verschiedene Unternehmensfunktionen aus. Ein Bienenstock umfasst in der Regel :
- Eine Königin: Sie spielt eine zentrale Rolle. Sie hält das Team zusammen. Sie sendet Pheromone und gibt Laute von sich, die es den Bienen ermöglichen, ihren Bienenstock (und nicht einen konkurrierenden Bienenstock) zu finden. Diese auditiven und olfaktiven Merkmale können mit einer Adresse, einer Website oder einem Corporate Design gleichgesetzt werden. Die Königin sorgt intern für die Beruhigung der Angst und gibt die allgemeine Strategie vor, um möglichst viel Honig zu gewinnen. Die Königin ist sozusagen die Geschäftsführung.
- Arbeiterinnen: Sie sind für den internen Haushalt und die Pflege verantwortlich. Sie sind sozusagen die operativen Mitarbeiter.
- Drohnen: Diese Tiere müssen die Königin befruchten. Eine befruchtete Königin kann zukünftige Bienen gebären. Drohnen können mit externen Beratern gleichgesetzt werden.
- Ammenbienen: Sie füttern die jungen Bienen (Larven). Ohne sie könnten sich die Larven nicht entwickeln. Man kann sie mit Ausbildern oder Managern vergleichen.
- Wächterbienen: Sie schützen die Bienenstöcke vor äußeren Bedrohungen. Sie sind vergleichbar mit Sicherheitsteams (physische Sicherheit, aber auch Cybersicherheit).
Kommunikation als Schlüssel zum Management bei Bienen

Obwohl sie nicht sprechen können, gelingt es den Bienen, sich über Bewegungen zu verständigen. Ihre Kommunikation ermöglicht eine kollektive Entscheidungsfindung, bei der die Bedürfnisse der einzelnen Mitglieder berücksichtigt werden. Dies lässt sich mit der Arbeit in einem Unternehmen vergleichen.
Häufig führt das Zuhören aller Mitarbeiter zu den besten Ideen und zur Entwicklung eines idealen Projekts für das gesamte Team. Den Mitarbeitern ein Höchstmaß an Autonomie zu geben, führt außerdem zu mehr Engagement, einem stärkeren Zugehörigkeitsgefühl und erfolgreicher Umsetzung gut durchdachter Projekte. Die Bienen wissen das sehr gut, denn in einem Bienenstock kann jede Biene ihre Meinung über die Organisation des Bienenstocks mitteilen und so Innovationen hervorbringen.
Die Königin spielt wie jeder Manager eine zentrale Rolle. Sie organisiert die Human Resources, indem sie neue Bienen in die Welt setzt. Außerdem gibt sie dem gesamten Team die Richtung vor und delegiert Aufgaben.
Wichtige Entscheidungen werden jedoch nicht vertikal von der Königin getroffen. Vielmehr spielen die anderen Bienen eine aktive Rolle bei der Suche nach Lösungen und der Entscheidungsfindung. Wenn die Arbeitskraft zum Beispiel nicht über genügend Ressourcen verfügt, werden Kundschafterinnen und Arbeiterinnen nach einem alternativen Standort suchen, um sich niederzulassen. Die Königin stimmt zu, sich dort anzusiedeln, wo ihre Arbeiter ihr es empfehlen. Intern ist der Konsens wichtig.
Bienen sind Meister im management von stress

So wie es im Leben eines Unternehmens Höhen und Tiefen gibt, so gibt es sie auch im Leben eines Bienenstocks. Diese Höhen und Tiefen hängen vor allem mit dem Mangel an Ressourcen und den Wetterbedingungen zusammen.
Im Gegensatz zu Menschen, die dazu neigen, sich auf sich selbst zurückzuziehen, wenn es in einem Unternehmen schlecht läuft, werden Bienen immer zusammenhalten, sich gegenseitig unterstützen und gemeinsam sterben oder überleben, egal was passiert. Das ist es, was ihnen ermöglicht, auch in schwierigen Zeiten leistungsfähig zu bleiben. Interessant ist auch, dass die Bienen in Krisenzeiten die Rollen intern neu verteilen.
Wenn es eine Gefahr gibt, werden die Kundschafterinnen den Bienenstock warnen, so wie es auch die strategische Frühaufklärung in Unternehmen tun würde.
Gute Manager sind in der Regel diejenigen, die die Arbeitsmenge an die jeweiligen Umstände anpassen können. Auch Bienen wissen, wie sie die erforderliche Arbeitsmenge entsprechend der aktuellen Situation zu regulieren haben.
Wissensvermittlung für erfolgreiches Management bei bienen

Genauso wie ein effizientes Unternehmen auf interne Schulungen angewiesen ist, tut dies auch ein Bienenstock. So haben die Bienen sowohl Mentoren als auch Auszubildende in ihrer Organisation. Die Mentoren nehmen sich die nötige Zeit, um den Auszubildenden beizubringen, wie sie effizienter arbeiten können.
Bienen wechseln übrigens im Laufe ihres Lebens häufig den Beruf. Damit ihr Karriereübergang so reibungslos wie möglich verläuft, bilden die „Fachbienen“ die „Lehrbienen“ in den verschiedenen Berufen aus. Die Bienen verteilen die Aufgaben je nach den äußeren Bedingungen neu. Regelmäßig nehmen sich die Bienen Zeit, um sich kollektiv weiterzubilden. Diese ständige Weiterbildung ist wie in jedem Unternehmen von entscheidender Bedeutung.
Interessant zu beobachten ist, dass der Karriereübergang kontinuierlich weitergeht. Dies ermöglicht es auch den älteren Mitarbeitern, die anderen Berufe einschließlich derjenigen der jüngeren Mitarbeiter kennenzulernen.
Fazit
Zunächst möchten wir Jean-Luc JOUHANNET erneut danken, da er uns ermöglicht hat, die faszinierende Organisation der Bienen zu erforschen, sowie die Lektionen zu erkennen, die sie für Unternehmen bereithält.
Angesichts der zeitgenössischen Herausforderungen des Managements ermöglicht die Beobachtung der Tierwelt, Schlüssel zum Erfolg zu finden, an die nur wenige gedacht haben. Der kollektive Erfolg gelingt nämlich nicht nur durch individuelle Intelligenz, sondern vor allem durch die Fähigkeit, effektiv zusammenzuarbeiten. Durch ihren Gemeinschaftssinn, agile Rollenverteilung, gemeinsame Führung, Krisenresistenz und Wissenstransfer sind Bienen eine großartige Inspirationsquelle, die von menschlichen Unternehmen genutzt werden kann.
Wir hoffen also, dass dieser Artikel Ihnen geholfen hat, das Management aus einem neuen Blickwinkel zu entdecken, und stehen Ihnen bei der Umsetzung Ihrer weiteren Projekte gerne zur Verfügung, sei es durch Recruiting oder Interim Management.