Da wo Unternehmen ihren Erfolg suchen, gibt es Menschen und da wo Menschen sind, gibt es Konflikte. Konflikte am Arbeitsplatz gibt es in allen Unternehmen in allen Branchen und auf allen Hierarchieebenen. Die Konsequenzen sind meistens desaströs, sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Arbeitgebenden. Aber warum treten sie so häufig auf? Und vor allem: Wie kann man konstruktiv mit ihnen umgehen? Wer mit Konflikten konstruktiv umgehen kann, sorgt für ein positives Arbeitsklima und gute wirtschaftliche Ergebnisse.
Im aktuellen Beitrag teilt Viviane Treffe ihre Expertise zu dem Thema. Viviane ist Psychologin und arbeitet seit 2009 als Beraterin bei PROEVOLUTION. Viviane unterstützt Unternehmen und Organisationen bei der Optimierung ihres Managements und der Entwicklung der Kompetenzen von Führungskräften und Mitarbeitern durch maßgeschneiderte Schulungen. Immer wieder wenden sich Unternehmen an sie, um Unterstützung beim Umgang mit psychosozialen Risiken und Konflikten zu erhalten. Durch jahrelange Erfahrung in den Unternehmen kennt Viviane nun sehr gut die Dynamik hinter den Konflikten, und die Maßnahmen, die anzuwenden sind um sie in Lösungen zu verwandeln.

Konflikte am Arbeitsplatz: Worum geht es?
Definition: Was ist ein Konflikt auf dem Arbeitsplatz

Ein Konflikt am Arbeitsplatz ist eine Spannungssituation zwischen zwei oder mehreren Personen oder Gruppen, meistens wegen unterschiedlichen Zielen, Interessen, Werten oder Bedürfnissen. Ein Konflikt ist nicht zu verwechseln mit einer Meinungsverschiedenheit. Eine Meinungsverschiedenheit ist eine Abweichung von Meinungen, die in jeder Organisation gesund und normal ist. Sie wird zu einem Konflikt, wenn es zu einer emotionalen Eskalation kommt, das Problem persönlich genommen wird und das reibungslose Funktionieren des Teams beeinträchtigt wird.
Der Österreicher Friedrich Glasl ist ein international anerkannter Spezialist im Konfliktmanagement. Glasl hat ein Modell entwickelt, um zu erklären, wie ein Konflikt entsteht und sich weiterentwickelt. Dieses Modell ist eines der meist verbreiteten Modelle, das auch in den Unternehmen oft eingesetzt wird.
Für Glasl gibt es 9 Entwicklungsstufen (in drei großen Gruppen eingeteilt), in der eine Beziehung ohne Konfrontation sich in einen offenen Konflikt verwandelt:
Erste Stufe: Die Auseinandersetzung bleibt rational und kontrolliert (Win-Win Situation)
- Eine Auseinandersetzung existiert aber beide Seiten suchen eine Lösung
- Beide Seiten vertreten absolute Positionen. Verbale Gewalt entsteht
- Ohne Empathie versuchen beide Seiten, aktiv Druck aufeinander auszuüben
Zweite Stufe: Ein Konflikt entsteht dadurch dass die Spannung auf die Beziehung einwirkt (Win-Lose Situation)
- Beide Seiten suchen nach Alliierten und wollen diese gegen die andere Seite umstimmen
- Es gibt völligen Vertrauensverlust. Jede Seite will die andere Seite schlecht dastehen lassen
- Es gibt Drohungen und ein regelmäßiger Zyklus von Angriff und Abwehr beginnt
Dritte Stufe: Destruktive Konfrontation (Lose-Lose Situation)
- Es wird Verunglimpfung eingesetzt. Jede Seite lässt nichts unversucht.
- Das Ziel ist es, das Gegenüber zu zerstören
- Das Ziel ist es, das Gegenüber zu zerstören, auch wenn man sich dafür selbst zerstören muss
Was für Konflikte am Arbeitsplatz gibt es?
In einem Unternehmen kann es verschiedene Arten von Konflikten geben:
- Zwischenmenschliche Konflikte: zwischen zwei Personen.
- Teamkonflikte: Spannungen innerhalb einer Gruppe, oft aufgrund einer schlecht geregelten Teamdynamik.
- Abteilungsübergreifende Konflikte: zwischen Abteilungen mit gegensätzlichen Zielen oder Prioritäten. Das kann z. B vorkommen zwischen der Vertriebs-, Marketing- und After Sales Abteilung.
- Strukturelle Konflikte: im Zusammenhang mit der Organisation selbst (z. B. wegen eines ungerechten Belohnungssystems).
Wie häufig entstehen Konflikte bei der Arbeit?

Laut einer amerikanischen Studie haben 85% der Mitarbeitenden in unterschiedlichen Maße mit Konflikten am Arbeitsplatz zu tun. In Deutschland erleben 56% der Mitarbeitenden häufig oder immer Konflikte. international liegt der Schnitt etwas niedriger. In den USA z.B sind es 36%.
Arbeitnehmende verbringen durchschnittlich etwa drei Stunden pro Woche damit, sich mit Konflikten zu beschäftigen. Laut Viviane verbringt ein Manager durchschnittlich 20 bis 40 % seiner Zeit mit der Bewältigung von Konflikten.
Konflikte auf der Arbeit bleiben in der Regel verbal. Sehr selten werden Konflikte körperlich, da es verschiedene Systeme gibt, um das zu verhindern. Allerdings gab es auch Situationen, wo die Konflikte körperlich wurden. Im Jahr 2023 z.B schoss ein Mercedes-Werk-Mitarbeiter auf seine beiden Vorgesetzten. Sie starben. Der Mitarbeiter gab u.a an, gemobbt worden zu sein. Zudem drohte ihm offenbar ein Jobverlust. Zwischen Oktober 2023 und April 2024 versuchte eine Auszubildende vier Kollegen zu vergiften. Beide Fälle sind Phänomene, die extrem selten vorkommen, aber nicht unexistent sind.
Warum entstehen Konflikte am Arbeitsplatz?

Die Gründe, weshalb Konflikte entstehen, sind sehr divers. Hier sind einige häufig auftretende Faktoren:
- Mangelhafte Kommunikation: schlecht übermittelte Informationen, mehrdeutige Informationen, Informationen die verschwiegen wurden. Kommunikation hält die Menschen zusammen. Ohne effiziente Kommunikation entstehen Spannungen.
- Ego-Spiele: persönliche Rivalitäten, übersteigerte Empfindlichkeiten, das Bedürfnis nach Anerkennung führen oft zu Missverständnissen, Enttäuschungen und Konfrontationen.
- Starre oder unklare Hierarchien: Unklarheit über Rollen, mangelnde Führungsqualitäten oder Machtmissbrauch führen zu Chaos und Konfrontationen.
- Unterschiedliche Werte: Meinungsverschiedenheiten über die Arbeitsweise, den Umgang mit anderen oder die Entscheidungsfindung sorgen ebenfalls für Konflikte am Arbeitsplatz. Auch unterschiedliche Meinungen zu sozialen oder politischen Themen sorgen für Konflikte.
- Mangelhafte Organisation: Überlastung, unklare Ziele, verwirrende Abläufe.
- Toxische Mitarbeiter: Ebenfalls entstehen Konflikte durch toxische Beziehungen, aggressive oder unfreundliche Kollegen sowie Mobbing oder Mobbing-Versuche. Nicht nur die berufliche Dimension sondern auch die persönliche Dimension ermöglicht es zu erklären, warum Konflikte entstehen.
Warum entstehen Konflikte mehr in manchen Unternehmen als in anderen?

In manchen Unternehmen passieren Konflikte öfter als in anderen. Manche Arbeitgeber sind als besonders schlechte Arbeitgeber genau aus diesem Grund bekannt. Die Gründe für diese Varianz ist u. a:
- Mangelnde Ausbildung in Management oder zwischenmenschlicher Kommunikation.
- Eine wettbewerbsorientierte oder sogar toxische Unternehmenskultur. Wenn Mitarbeiter miteinander in Konkurrenz sind, kann das natürlich die Produktivität kurzfristig steigern. Allerdings ist Konkurrenz auch ein Faktor, der oft zu Konflikten führt.
- Fehlender strukturierter sozialer Dialog führt dazu, dass unklar ist, was jeder zu tun hat, und wie man miteinander umgehen soll.
- Häufige Veränderungen (Umstrukturierungen, Fusionen usw.) sorgen für Durcheinander und Unzufriedenheit.
Die Gründe sind also in vielen Fällen auch Faktoren, die vom Unternehmen kontrolliert werden können. Ein richtiger Eingriff im Unternehmen oder ein richtiger Managementwechsel kann also positive Entwicklungen bewirken.
Was sind die Konsequenzen von Konflikten am Arbeitsplatz?

Einfluss der Konflikte am Arbeitsplatz auf das Unternehmen
Ohne eine angemessene Konfliktbewältigung können Spannungen im Unternehmen schnell negative Auswirkungen entfalten. Sie führen nicht selten zu einem Rückgang von Motivation und Produktivität, erhöhen das Stressniveau der Mitarbeitenden und können im schlimmsten Fall sogar zu krankheitsbedingten Ausfällen beitragen. Hinzu kommt, dass ein belastetes Arbeitsklima langfristig die Zusammenarbeit erschwert und das Risiko einer Abwanderung von Talenten erhöht. Wenn Mitarbeiter im Konflikt miteinander sind, ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass das die Bindung zum Unternehmen negativ beeinflusst, denn das Unternehmen wird oft wahrgenommen als ein Synonym für die anderen Mitarbeiter mit denen man arbeitet. Besonders betroffen von den negativen Folgen sind die Personen, die direkt Teil des Konflikts sind, aber auch die anderen Mitarbeitenden die indirekt betroffen sind.
Einfluss der Konflikte am Arbeitsplatz auf das Management
Viviane erklärt, dass Manager 20% bis 40% ihrer Zeit damit verbringen, Konflikte zu bewältigen. Die Manager die durch PROEVOLUTION bzw. Viviane begleitet werden geben eindeutige Informationen an: Das, was am schwierigsten im Rahmen ihrer Tätigkeit ist, ist die Menschen zu managen. Immer wieder gibt es Mitarbeitende, mit einem komplizierten Charakter oder persönliche Probleme. Auch Konflikte zwischen Mitarbeitenden sorgen bei den Managern für Kopfschmerzen. Viele Führungskräfte berichten, dass sie sich teilweise eher als Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter fühlen.
Sind Konflikte am Arbeitsplatz immer negativ?

Konflikte müssen nicht zwangsläufig destruktiv sein. Richtig begleitet und professionell bearbeitet, können sie vielmehr zu einem kraftvollen Motor für positive Veränderungen werden. Ein konstruktiver Umgang mit unterschiedlichen Sichtweisen eröffnet die Chance, Missverständnisse auszuräumen, Beziehungen zu festigen und das gegenseitige Vertrauen zu stärken. Gleichzeitig können Konflikte als Impulsgeber dienen, um eingefahrene Strukturen zu hinterfragen, kreative Lösungen zu entwickeln und so die Innovationskraft des Unternehmens zu fördern. Wer Konflikte als Gelegenheit begreift, nutzt sie als wertvolle Ressource für die Weiterentwicklung von Teams und Organisationen.
Trotzdem ist das nur der Idealfall. In der Realität verlaufen Konflikte jedoch häufig schwierig oder belastend.
Wie kann man Konflikte am Arbeitsplatz effizient vorbeugen

Wie wir bereits vorher sehen konnten durch die Analyse von Friedrich Glasl: Ein Konflikt ist kein bloßer Spannungszustand, der grundlos entsteht und sich nicht entwickelt. Es ist vor allem eine Konfrontation, die aus spezifischen Gründen entsteht und sich immer weiter zuspitzen kann. Das Beste was man tun kann ist also, dafür zu sorgen, dass ein Konflikt nicht überhaupt erst entstehen wird. Um das zu bewirken, lassen sich verschiedene wirksame Hebel einsetzen.
Besonders kraftvoll ist dabei die Schulung der Teams. Durch Schulungen zu Themen wie assertiver Kommunikation, dem Umgang mit Emotionen oder aktivem Zuhören entwickeln Mitarbeitende wertvolle Kompetenzen, um Konflikte konstruktiv anzugehen. Denn eines ist klar: Konfliktmanagement ist keine angeborene Fähigkeit. Erst durch gezielte Schulungen können Schlüsselkompetenzen wie gewaltfreie Kommunikation, Mediation oder die Fähigkeit zur Reflexion aufgebaut werden. Diese Werkzeuge helfen dabei, Spannungen frühzeitig zu entschärfen, die Qualität der Zusammenarbeit zu sichern und schwierige Situationen in Chancen für Kooperation und Weiterentwicklung zu verwandeln.
Darüber hinaus trägt auch die organisatorische Klarheit entscheidend zur Konfliktprävention bei: Klare Rollen und Verantwortlichkeiten, ein regelmäßiges und wertschätzendes Feedback sowie eine Unternehmenskultur, die auf Dialog und Vertrauen setzt. All dies sind wertvolle Investitionen für jede Organisation, die den Zusammenhalt ihrer Teams stärken und ein gesundes, produktives Arbeitsklima fördern möchte.
Was tun, wenn ein konflikt am Arbeitsplatz ausbricht?

Sie haben also die richtigen Werkzeuge, um Konflikte vorzubeugen. Was können Sie allerdings tun, wenn ein Konflikt in Ihrem Unternehmen trotzdem entsteht? Auch in Unternehmen, die sehr gut darin sind, Konflikten vorzubeugen, kommen Konflikte vor. Wenn ein Konflikt entsteht, ist es entscheidend, frühzeitig einzugreifen, bevor sich die Situation weiter zuspitzt. Je schneller gehandelt wird, desto eher lassen sich die Beziehungen schützen und negative Folgen begrenzen.
Die beste Lösung um einen Konflikt zu managen ist, auf einen Mediator aufzubauen. Der Einsatz eines Mediators oder eines entsprechend geschulten Managers, der eine neutrale und wertschätzende Haltung einnimmt, spielt dabei eine wichtige Rolle. Ebenso zentral ist es, Vertraulichkeit zu gewährleisten und die psychologische Sicherheit aller Beteiligten zu wahren. Ziel ist es nicht, Gewinner und Verlierer zu bestimmen, sondern gemeinsam eine echte Win-Win-Lösung zu entwickeln, die auf Zuhören und Mitverantwortung basiert – und diese Vereinbarung klar zu formulieren.
Wer soll die Rolle des Mediators einnehmen? Es ist schwer ein Profil festzulegen, das in jedem Unternehmen genau richtig geeignet ist. Entscheidend ist stets die Neutralität, denn nur sie ermöglicht eine konstruktive und nachhaltige Konfliktlösung.
FAZIT

Konflikte am Arbeitsplatz sind unvermeidlich – doch sie müssen nicht zwangsläufig zu Stillstand, Frustration oder gar Eskalation führen. Entscheidend ist, wie Unternehmen und ihre Mitarbeitenden mit ihnen umgehen. Während ungelöste Konflikte die Motivation, Gesundheit und Zusammenarbeit erheblich beeinträchtigen können, entfalten professionell begleitete Auseinandersetzungen ein enormes Potenzial: Sie eröffnen Chancen für Entwicklung, Innovation und gestärkte Beziehungen.
Damit dies gelingt, braucht es Klarheit in Strukturen, eine Kultur des Dialogs sowie gezielte Schulungen in Kommunikation und Konfliktmanagement. Führungskräfte und Mitarbeitende, die gelernt haben, Spannungen konstruktiv zu nutzen, schaffen nicht nur ein positives Arbeitsklima, sondern sichern zugleich nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg.
Wer Konflikte als Ressource und nicht als Bedrohung versteht, legt den Grundstein für resiliente, starke und zukunftsfähige Organisationen.
Aus diesem Grund begleiten wir seit Jahren Unternehmen im Umgang mit Konflikten. Jedes Unternehmen kann davon profitieren. Sehen Sie einen Bedarf in einem Unternehmen das Sie kennen? Gerne können Sie uns kontaktieren, um gemeinsam passende Lösungen zu entwickeln.